Ein Rollentausch, der stolz macht

Lily Voigt und Anni Schimek, ein Dream-Team. Die 13-Jährige Lily erklärt Anni Schimek die Feinheiten bei der Arbeit mit dem Smartphone. Das neue Profilbild hat Lily Voigt selbst gezeichnet.

Die Zeiger auf dem Smartphone leuchten jetzt dunkelgrün. Die Uhr ist besser zu lesen. Anni Schimek ist begeistert und Lily Voigt strahlt. Junge Leute weihen Senioren in die Geheimnisse des Smartphones ein. Ein Erfolgsprojekt in der Mittelschule Weidenberg.

Zehn Achtklässler sind es zurzeit, die an einem Nachmittag in der Woche Senioren die Angst vor dem Umgang mit dem Smartphone nehmen. Rollentausch: Nach 13 Uhr werden die 13-Jährigen ihrerseits zu Lehrern. Anerkennung, die es dafür gibt, macht die Schüler sichtlich stolz.

Das Projekt wurde bereits in der Vor-Corona-Zeit ins Leben gerufen, sagt Wolfgang Zwing vom SiSo-Netz Weidenberg, und während der Pandemie wurde der Umgang mit elektronischen Medien für manche Senioren zum einzigen Kontakt in die Außenwelt. Das Interesse an Smartphone- und Tabletkursen ist nach wie vor groß, sagt Zwing. Die Kurier-Stiftung „Menschen in Not“ finanzierte die Anschaffung von Übungstablets, so dass auch diese Kurse im Schloss im Garten jeweils am Samstag nachmittags weitergeführt werden können. Das sind die Anfängerkurse. Fortgeschrittene treffen sich jeweils am Mittwochabend.

Ebenfalls zu Beginn des neuen Jahres wurden die begehrten Smartphone-Kurse in der Mittelschule wieder aufgenommen. Seit kurzem läuft einmal pro Woche der erste Kurs nach Corona.

Gerne hat sich Lehrerin Evi Schieseck der Sache angenommen. Und in ihrer Klasse aus dem Ganztageszug, der die Mittlere Reife anstrebt, sind es zehn Schülerinnen und Schüler aus der 8MG, die jetzt gemeinsam mit Senioren im Computerraum der Schule die Köpfe zusammenstecken. So drei- bis viermal nehmen die Senioren teil. „Bis halt keine Fragen mehr offen sind.“

In der Schule geht es am Nachmittag relativ ruhig zu. Parallel zum Smartphone-Kurs findet für die restlichen Schüler der Klasse ein Lesepatenprojekt mit Zweitklässlern statt. Und auch im Computerraum hört man nur leises Murmeln oder manchmal ein kurzes Auflachen, wenn ein neuer Klingelton ertönt. Auch Evi Schieseck ist begeistert. „Nach der ersten Zeit des Kennenlernens ging es meist ganz schnell. Es gab wenig Berührungsängste.“ Joshua Gehauf beispielsweise erklärt Edeltraud Wolfrath aus Muckenreuth bei Kirchenpingarten, wie eine Online-Bestellung funktioniert und worauf man achten muss. Die Teilnehmer an dem Kurs kommen aus dem gesamten Gebiet der Verwaltungsgemeinschaft Weidenberg, das ist für Wolfgang Zwing auch sehr wichtig. „Das SiSo Netz (Sicher und Sozial e.V.) soll für alle da sein.“ Organisiert wird deshalb auch jeweils ein Hol- und Bringservice für die Senioren, die nicht mehr mobil sind oder deren Angehörige sie nicht fahren können. Das Motto des Jahres 2023: Gemeinsam gegen einsam, hat sich im neuen Jahr nicht geändert. „So wollen wir auch in diesem Jahr weitergehen,“ sagt Zwing.

Was muss bei Online-Bestellungen beachtet werden und wie geht das? Edeltraud Wolfrath lässt sich das von Joshua Gehauf erklären.

Projektleiter Wolfgang Minier vom SiSo-Netz hat sich in der Zwischenzeit von Florian Zipfel schulen lassen. Und zwar in Sachen künstlicher Intelligenz. Mit dem Chatbot Chat GPT arbeitet der Schüler bereits seit einiger Zeit, um manche Hausaufgaben zu erleichtern und sein Wissen gibt er gerne weiter. Wolfgang Minier ist begeistert.   

Vertraut machen mit Künstlicher Intelligenz, damit hat Schüler Florian Zipfel kein Problem und erklärt es gerne dem Projektbeauftragten beim SiSo-Netz Weidenberg, Wolfgang Minier.

Die Jugendlichen haben sich ihre Übungspartner selbst ausgesucht. Für Lily Voigt war von Anfang an klar, dass sie mit Anni Schimek zusammenarbeiten will. Und die beiden sind inzwischen ein Dream-Team. „Die Lily ist sowas von clever“, lobt Anni Schimek. „Sie hat mir erklärt, wie man einen Screenshot auf dem Handy macht, oder wie man Nachrichten und Fotos für Whatsapp einfügen kann.“ Im Gespräch miteinander haben sie auch die Smartphone-Oberfläche aufgeräumt, wie Anni Schimek es sich gewünscht hat und einige Apps, die nicht mehr gebraucht wurden, gelöscht. Der Clou für Anni Schimek war allerdings die Uhr, deren Darstellung die Schülerin jetzt so verändert hat, dass sie von der Seniorin leichter abgelesen werden kann. „Die Zeiger und Ziffern sind jetzt dunkelgrün.“ Lily Voigt malt auch leidenschaftlich gerne, und den Tod ihrer Lieblingskatze hat sie in verschiedenen Bildern verarbeitet. Davon war Anni Schimek so angetan, dass eines dieser Bilder jetzt als Profilbild auf ihrem Smartphone prangt. Die Handynummern haben die beiden sowieso längst ausgetauscht. Und bei Fragen wird sich Anni Schimeck jederzeit an die Achtklässlerin wenden können. Das ist Ehrensache für das Mädchen.  Mehr zu den Terminen des SiSo-Netzes Weidenberg unter www.sisonetz.de und zur Kurier-Stiftung „Menschen in Not“ unter www.menschen-in-not.org

Text und Bilder: Gaby Schnetter, Kurierstiftung